Daß die Elektrodynamik Maxwells - wie dieselbe gegenwärtig aufgefaßt zu werden pflegt - in ihrer Anwendung auf bewegte Körper zu Asymmetrien führt, welche den Phänomenen nicht anzuhaften scheinen, ist bekannt. Man denke z. B. an die elektrodynamische Wechselwirkung zwischen einem Magneten und einem Leiter. Das beobachtbare Phänomen hängt hier nur ab von der Relativbewegung von Leiter und Magnet, während nach der üblichen Auffassung die beiden Fälle, daß der eine oder der andere dieser Körper der bewegte sei, streng voneinander zu trennen sind. Bewegt sich nämlich der Magnet und ruht der Leiter, so entsteht in der Umgebung des Magneten ein elektrische Feld von gewissem Energiewerte, welches an den Orten, wo sich Teile des Leiters befinden, einen Strom erzeugt. Ruht aber der Magnet und bewegt sich der Leiter, so entsteht in der Umgebung des Magneten kein elektrisches Feld, dagegen im Leiter eine elektromotorische Kraft, welcher an sich keine Energie entspricht, die aber - Gleichheit der Relativbewegung bei den beiden ins Auge gefaßten Fällen vorausgesetzt - zu elektrischen Strömen von derselben Größe und demselben Verlaufe Veranlassung gibt, wie im ersten Falle die elektrischen Kräfte.
Beispiele ähnlicher Art, sowie die mißlungenen Versuche, eine Bewegung der Erde relativ zum "Lichtmedium" zu konstatieren, führen zu der Vermutung, daß dem Begriffe der absoluten Ruhe nicht nur in der Mechanik, sondern auch in der Elektrodynamik keine Eigenschaften der Erscheinungen entsprechen, sondern daß vielmehr füht alle Koordinatensysteme, für welche die mechanischen end optischen Gesetze gelten, wie dies für die Größen erster Ordnung bereits erwiesen ist. Wir wollen diese Vermutung (deren Inhalt im folgenden "Prinzip der Relativität" genannt werden wird) zur Voraussetzung erheben und außerdem die mit ihm nur scheinbar unverträgliche Voraussetzung einführen, daß sich das Licht im leeren Raume stets mit einer bestimmten, vm Bewegungszustande des emittierenden Körpers unabhängigen Geschwindigkeit V fortpflanze. Diese beiden Voraussetzungen genügen, um zu einer einfachen und widerspruchsfreien Elektrodynamik bewegter Körper zu gelangen unter Zugrundelegung der Maxwellschen Theorie für ruhende Körper. Die Einführung eines "Lichtäthers" wird sich insofern als überflüssig erweisen, als nach der zu entwickelnden Auffassung weder ein mit besonderen Eigenschaften ausgestatteter "absolut ruhender Raum" eingeführt, noch einem Punkte des leeren Raumes, in welchem elektromagnetische Prozesse stattfinden, ein Geschwindigkeitsvektor zugeordnet wird.
Die zu entwickelnde Theorie stützt sich - wie jede andere Elektrodynamik - auf die Kinematik des starren Körpers, da die Aussagen einer jeden Theorie Beziehungen zwischen starren Körpern (Koordinatensystemen), Uhren und elektromagnetischen Prozessen betreffen. Die nicht genügende Berücksichtigung dieses Umstandes ist die Wurzel der Schwierigkeiten, mit denen die Elektrodynamik bewegter Körper gegenwärtig zu kämpfen hat.
Es liege ein Koordinatensystem vor, in welchem die Newtonschen mechanischen Gleichungen gelten. Wir nennen dies Koordinatensystem zur sprachlichen Unterscheidung von später enzuführenden Koordinatensystemen und zur Präzisierung der Vorstellung das "ruhende System".
Ruht ein materieller Punkt relativ zu diesem Koordinatensystem, so kann seine Lage relativ zu letzterem durch starre Maßstäbe unter Benutzung der Methoden der euklidischen Geometrie bestimmt und in kartesischen Koordinaten ausgedrückt werden.
Wollen wir die Bewegung eines materiellen Punktes beschreiben, so geben wir die Werte seiner Koordinaten in Funktion der Zeit. Es ist nun wohl im Auge zu behalten, daß eine derartige mathematische Beschreibung erst dann einen physikalischen Sinn hat, wenn man sich vorher darüber klar geworden ist, was hier unter "Zeit" verstanden wird. Wir haben zu berücksichtigen, daß alle unsere Urteile, in welchen die Zeit eine Rolle spielt, immer Urteile über gleichzeitige Ereignisse sind. Wenn ich z. B. sage: "Jener Zug kommt hier um 7 Uhr an," so heißt dies etwa: "Das Zeigen des kleinen Zeigers meiner Uhr auf 7 und das Ankommen des Zuges sind gleichzeitige Ereignisse." )
Es könnte scheinen, daß alle die Definition der "Zeit" betreffenden Schwierigkeiten dadurch überwunden werden könnten, daß ich an Stelle der "Zeit" die "Stellung des kleinen Zeigers meiner Uhr" setze. Eine solche Definition genügt in der Tat, wenn es sich darum handelt, eine Zeit zu definieren ausschließlich für den Ort, an welchem sich die Uhr eben befindet; die Definition genügt aber nicht mehr, sobalt es sich darum handelt, zn verschiedenen Orten stattfindende Ereignisreihen miteinander zeitlich zu werten, welche in von der Uhr entfernten Orten stattfinden.
Wir könnten uns allerdings damit begnügen, die Ereignisse dadurch zeitlich zu werten, daß ein samt der Uhr im Koordinatenursprung befindlicher Beobachter jedem von einem zu wertenden Ereignis Zeugnis gebenden, durch den leeren Raum zu ihm gelangenden Lichtzeigen die entsprechende Uhrzeigerstellung zuordnet. Eine solche Zuordnung bringt aber den Übelstand mit sich, daß sie vom Standpunkte des mit der Uhr versehenen Beobachters nicht unabhängig ist, wie wir durch die Erfahrung wissen. Zu einer weit praktischeren Festsetzung gelangen wir durch folgende Betrachtung.
Befindet sich im Punkte A des Raumes eine Uhr, so kann ein in A befindlicher Beobachter die Ereignisse in der unmittelbaren Umgebung von A zeitlich werten durch Aufsuchen der it diesen Ereignissen Gleichzeitigen Uhrzeigerstellungen. Befindet sich auch im Punkte B des Raumes eine Uhr - wir wollen hinzufügen, "eine Uhr von genau derselben Beschaffenheit wie die in A befindliche" - so ist auch eine zeitliche Wertung der Ereignisse in der unmittelbaren Umgebung von B durch einen in B befindlichen Beobachter möglich. Es ist aber ohne weitere Festsetzung nicht möglich, ein Ereignis in A mit einem Ereignis in B zeitlich zu vergleichen; wir haben bisher nur eine "A-Zeit" und eine "B-Zeit", aber keine für A und B gemeinsame "Zeit" definiert. Die letztere Zeit kann nun definiert werden, indem man durch Definition festsetzt, daß die "Zeit", welche das Licht braucht, um von A nach B zu gelangen, gleich ist der "Zeit", welche es braucht, um von B nach A zu gelangen. Es gehe nämlich ein Lichtstrahl zur "A-Zeit" tA von A nach B ab, werde zur "B-Zeit" tB in B gegen A zu reflektiert und gelange zur "A-Zeit" t´A nach A zurück. Die beiden Uhren laufen definitionsgemäß synchron, wenn
Wir Nehmen an, daß diese Definition des Synchronismus in widerspruchsfreier Weise möglich sei, und zwar für beliebig viele Punkte, daß also allgemein die Beziehungen gelten:
1. Wenn die Uhr in B synchron mit der Uhr in A läuft, so läuft die Uhr in A synchron mit der Uhr in B.
2. Wenn die Uhr in A sowohl mit der Uhr in B als auch mit der Uhr in C synchron läuft, so laufen auch die Uhren in B und C synchron relativ zueinander.
Wir haben so unter Zuhilfenahme gewisser (gedachter) physikalischen Erfahrungen festgelegt, was unter synchron laufenden, an verschiedenen Orten befindlichen, ruhenden Uhren zu verstehen ist und damit offenbar eine Definition von "gleichzeitig" und "Zeit" gewonnen. Die "Zeit" eines Ereignisses ist die mit dem Ereignis gleichtzeitige Angabe einer am Orte des Ereignis befindlichen, ruhenden Uhr, welche mit einer bestimmten, ruhenden Uhr, und zwar für alle Zeitbestimmungen mit der nämlichen Uhr, synchron läuft.
Wir setzen noch der Erfahrung gemäß fest, daß die Größe
Wesentlich ist, daß wir die Zeit mittels im ruhenden System ruhender Uhren definiert haben; wir nennen die eben definierte Zeit wegen dierser Zugehörigkeit zum ruhenden System "die Zeit des ruhenden Systems".
Die folgenden Überlegungen stützen sich auf das Relativitätsprinzip und auf das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, welche beiden Prinzipien wir folgendermaßen definieren.
1. Die Gesetze, nach denen sich die Zustände der physikalischen Systeme ändern, sind unabhängig davon, auf welches von zwei relativ zueinander in gleichförmiger Translationsbewegung befindlichen Koordinatensystemen diese Zustandsänderungen bezogen werden.
2. Jeder Lichtstrahl bewegt sich im "ruhenden" Koorinatensystem mit der bestimmten Geschwindigkeit V, unabhängig davon, ob dieser Lichtstrahl von einem ruhenden oder bewegten Körper emittiert ist. Hierbei ist
Es sei ein ruhender starrer Stab gegeben; derselbe besitze, mmit einem ebenfalls ruhenden Maßstabe gemessen, die Länge l. Wir denken uns nun die Stabachse in die X-Achse des ruhenden Koordinatensystems gelegt und dem Stabe hierauf eine gleichförmige Paralleltranslationsbewegung (Geschwindigkeit v) längs der X-Achse im Sinne der wachsenden x erteilt. Wir fragen nun nach der Länge des bewegten Stabes, welche wir uns durch folgende zwei Operationen ermittelt denken:
Nach dem Relativitätsprinzip muß die bei der Operation a) zu findende Länge, welche wir "die Länge des Stabes im bewegten System" nennen wollen, gleich der Länge l des ruhenden Stabes sein.
Die bei der Operation b) zu findende Länge, welche wir "die Länge des (bewegten) Stabes im ruhenden System" nennen wollen, werden wir unter Zugrundelegung unserer beiden Prinzipien bestimmen und finden, daß sie von l verschieden ist.
Die allgemein gebrauchte Kinematik nimmt stillschweigend an, daß die durch die beiden erwähnten Operationen bestimmten Längen einander genau gleich seien, oder mit anderen Worten, daß ein bewegter starrer Körper in der Zeitpoche t in geometrischer Beziehung vollständig durch denselben Körper, wenn er in bestimmter Lage ruht, ersetzbar sei.
Wir denken uns ferner an den beiden Stabenden (A und B) Uhren angebracht, welche mit den Uhren des ruhenden Systems synchron sind, d. h. deren Angaben jeweilen der "Zeit des ruhenden Systems" an den Orten, an welchen sie sich gerade befinden, entsprechen; diese Uhren sind also "synchron im ruhenden System".
Wir denken uns ferner, daß sich bei jeder Uhr ein mit ihr bewegter Beobachter befinde, und daß diese Beobachter auf die beiden Uhren das im § 1 aufgestellte Kriterium für den synchronen Gang zweier Uhren anwenden. Zur Zeit () tA gehe ein Lichtstrahl von A aus, werde zur Zeit tB in B reflektiert und gelange zur Zeit t´A nach A zurück. Unter Berücksichtigung des Prinzipes von Konstanz der Lichtgeschwindigkeit finden wir:
Wir sehen also, daß wir dem Begriffe der Gleichzeitigkeit keine absolute Bedeutung beimessen dürfen, sondern daß zwei Ereignisse, welche, von einem Koordinatensystem aus betrachtet, gleichzeitig sind, von einem relativ zu diesem System bewegten System aus betrachtet, nicht mehr als gleichzeitige Ereignisse aufzufassen sind.
Seien im "ruhenden" Raume zwei Koordinatensysteme, d. h. zwei Systeme von je drei von einem Punkte ausgehenden, aufeinander senkrechten starren materiellen Linien, gegeben. Die X-Achsen beider Systeme mögen zusammenfallen, ihre Y- und Z-Achsen bezüglich parallel sein. Jedem Systeme sei ein starrer Maßstab und eine Anzahl Uhren beigegeben, und es seien beide Maßstäbe sowie alle Uhren beider Systeme einander genau gleich.
Es werde nun dem Anfangspunkte des einen der beiden Systeme (k) eine (konstante) Geschwindigkeit v in Richtung der wachsenden x des anderen, ruhenden Systems (K) erteilt, welche sich auch den Koordinatenachsen, dem betreffenden Maßstabe sowie den Uhren mitteilen möge. Jeder Zeit t des ruhenden Systems K entspricht dann eine bestimmte Lage der Achsen des bewegten Systems und wir sind aus Symmetriegründen befugt anzunehmen, daß die Bewegung von k so beschaffen sein kann, daß die Achsen des bewegten Systems zur Zeit t (es ist mit "t" immer eine Zeit des ruhenden Systems bezeichnet) den Achsen des ruhenden Systems parallel seien.
Wir denken uns nun den Raum sowohl vom ruhenden System K aus mittels des ruhenden Maßstabes als auch vom bewegten System mittels des mit ihm bewegten Maßstabes ausgemessen und so die Koordinaten x, y, z bez. ksi, eta, zeta ermittelt. Es werde ferner mittels der im ruhenden System befindllichten ruhenden Uhren durch Lichtsignale in der in § 1 angegebenen Weise die Zeit t des ruhenden Systems für alle Punkte des letzteren bestimmt, in denen sich Uhren befinden; ebenso werde die Zeit tau des bewegten Systems für alle Punkte des bewegten Systems, in welchen sich relativ zu letzterem ruhende Uhren befinden, bestimmt durch Anwendun der in § 1 genannten Methode der Lichtsignale zwischen den Punkten, in denen sich die letzteren Uhren befinden.
Zu jedem Wertsystem x, y, z, t, welches Ort und Zeit eines Ereignisse im ruhenden System vollkommen bestimmt, gehört ein jenes Ereignis relativ zum System k festlegendes Wertsystem ksi, eta, zeta, tau, und es ist nun die Aufgabe zu lösen, das diese Größen verknüpfende Gleichungssystem zu finden.
Zunächst ist klar, daß einem im System k ruhenden Punkte ein bestimmtes, von Zeit unabhängiges Wertsystem x´, y, z zukommt. Wir bestimmen zuerst tau als Funktion von x´, y, z und t. Zu diesem Zwecke haben wir in Gleichungen auszudrücken, daß tau nichts anderes ist als der Inbegriff der Angaben von im System k ruhenden Uhren, welche nach der im § 1 gegebenen Regel synchron gemacht worden sind.
Vom Anfangspunkt des Systems k aus werde ein Lichtstrahl zur Zeit tau0 längs der X-Achse nach x´ gesandt und von dort zur Zeit tau1 nach dem Koordinatenursprung reflektiert, wo er zur Zeit tau2 angelange; so muß dann sein:
Es ist zu bemerken, daß wir statt des Koordinatenursprunges jeden anderen Punkt als Ausgangspunkt des Lichtstrahles hätten wählen können und es gilt deshalb die eben erhaltene Gleichung für alle Werte von x´, y, z.
Eine analoge Überlegung - auf die H-Achse und Z-Achse angewandt - liefert, wenn man beachtet, daß sich das Licht längs dieser Achsen vom ruhenden System aus betrachtet stets mit der Geschwindigkeit (Formule zoveel + 4) fortpflantzt:
Mit Hilfe dieses Resultates ist es leicht, die Größen ksi, eta, zeta zu ermitteln, indem man durch Gleichungen ausdrückt, daß sich das Licht (wie das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in Verbindung met der Relativitätsprinzip verlangt) auch im bewegten System gemessen mit der Geschwindigkeit V fortpflanzt. Für einen zur Zeit tau=0 in Richtung der wachsenden ksi ausgesandten Lichtstrahl gilt:
Setzen wir für x´ seinen Wert ein, so erhalten wir:
Wir haben nun zu beweisen, daß jeder Lichtstrahl sich, im bewegten System gemessen, mit der Geschwindigkeit V fortpflanzt, falls dies, wie wir angenommen haben, im ruhenden System der Fall ist; denn wir haben den Beweis dafür noch nicht geliefert, daß das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit mit dem Relativitätsprinzip vereinbar sei.
Zur Zeit t=tau=0 werde von dem zu dieser Zeit gemeinsamen Koordinatenursprung beider Systeme aus eine Kugelwelle ausgesandt, welche sich im System K mit der Geschwindigkeit V ausbreitet. Ist (x, y, z) ein eben von dieser Welle ergriffener Punkt, so ist also
Diese Gleichung transformieren wir mit Hilfe unserer Transformationsgleichungen und eralten nach einfacher Rechnung:
Die betrachtete Welle ist also auch im bewegten System betrachtet eine Kugelwelle von der Ausbreitungsgeschwindigkeit V. Hiermit is gezeigt, daß unsere beiden Grundprinzipien miteinander vereinbar sind.
In den entwickelten Transformationsgleichungen tritt noch eine unbekannte Funktion [phi] von v auf, welche wir nun bestimmen wollen.
Wir führen zu diesem Zwecke noch ein drittes Koordinatensystem K´ ein, welches relativ zum System k derart in Paralleltranslationsbewegung parallel zur KSI-Achse begriffen sei, daß sich dessen Koordinatenursprung mit der Geschwindigkeit -v auf der KSI-Achse bewege. Zur Zeit t=0 mögen alle drei Koordinatenanfangspunkte zusammenfallen und es sei für t=x=y=z=0 die Zeit t´ des Systems K´ gleich Null. Wir nennen x´, x´, z die Koordinaten, im System K´ gemessen, und erhalten durch zweimalige Anwendug unserer Transformationsgleichungen:
Da die Beziehungen zwischen x´, y´, z´ und x, y, z die Zeit t nicht enthalten, so ruhen die Systeme K und K´ gegeneinander, und es ist klar, daß die Transformation von K auf K´ die identische Transformation sein muß. Es ist also:
Wir betrachten eine starre Kugel () vom Radius R, welche relativ zum bewegten System k ruht, und deren Mittelpunkt im Koordinatenursprung von k liegt. Die gleichung der Oberfläche dieser relativ zum System K mit der Geschwindigkeit v bewegten Kugel ist:
Während also die Y- und Z-Dimension der Kugel (also auch jedes starren Körpers von beliebiger Gestalt) durch die Bewegung nicht modifiziert erscheinen, erscheint die X-Dimension im Verhältnis [Formule zoveel' + 10] verkürzt, also um so stärker, je größer v ist. Für v = V schrumpfen alle bewegten Objekte - vom "ruhenden" System aus betrachtet - in flächenhafte Gebilde zusammen. Für Überlichtgeschwindigkeiten werden unsere Überlegungen sinnlos; wir werden übrigens in den folgenden Betrachtungen finden, daß die Lichtgeschwindigkeit in unserer Theorie physiaklisch die Rolle der unendlich großen Geschwindigkeit spielt.
Es ist klar, daß die gleichen Resultate von im "ruhenden" System ruhenden Körper gelten, welche von einem gleichförmig bewegten System aus betrachtet werden. -
Wir denken uns ferner eine der Uhren, welche relativ zum ruhenden System ruhend die Zeit t, relativ zum bewegten System ruhend die Zeit tau anzugeben befähigt sind, im Koordinatenursprung von k gelegen und so gerichtet, daß sie die Zeit tau angibt. Wie schnell geht diese Uhr, vom ruhenden System aus betrachtet?
Zwischen die Gröen x, t und tau, welche sich auf den Ort dieser Uhr beziehen, gelten offenbar die Gleichungen:
Hieraus ergibt sich folgende eigentümliche Konsequenz. Sind in den Punkten A und B von K ruhende, im ruhenden System betrachtet, synchron gehende Uhren vorhanden, und bewegt man die Uhr in A mit der Geschwindigkeit v auf der Verbindungslinie nach B, so gehen nach Ankunft dieser Uhr in B die beiden Uhren nicht meht synchron, sondern die von A nach B bewegte Uhr geht gegenüber der von Anfang an in B befindlichen um [Formule zoveel' + 16] Sek. (bis auf Größen vierter und höheren Ordnung) nach, wenn t die Zeit ist, welche die Uhr von A nach B braucht.
Nimmt man an, daß das für eine polygonale Linie bewiesene Resultat auch für eine stetig gekrümmte Kurve gelte, so erhält man den Satz: Befinden sich in A zwei synchron gehende Uhren und bewegt man die eine derselben auf einer geschlossenen Kurve mit konstanter Geschwindigkeit, bis sie wieder nach A zurückkommt, was t Sek. dauern möge, so geht die letztere Uhr bei ihrer Ankunft in A gegenüber der unbewegt gebliebenen um [Formule zoveel' + 16] nach. Man schließt daraus, daß eine am Erdäquator befindliche Unruhuhr um einen sehr kleinen Betrag langsamer laufen muß als eine genau gleich beschaffene, sonst gleichen Bedingungen unterworfene, an einem Erdpole befindliche Uhr.
In dem längs der X-Achse des Systems K mit der Geschwindigkeit v bewegten System k bewege sich ein Punkt gemäß den Gleichungen:
Gesucht ist die Bewegung des Punktes relativ zum System K. Führt man in die Bewegungsgleichungen des Punktes mit Hilfe der in § 3 entwickelten Transformationsgleichungen die Größen x, y, z, t ein, so erhält man:
Es folgt ferner, daß die Lichtgeschwindigkeit V durch Zusammensetzung mit einer "Unterlichtgeschwindigkeit" nicht geändert werden kann. Man erhält für diesen Fall:
Wir haben nun die für uns notwendigen Sätze der unseren zwei Prinzipien entsprechenden Kenematik hergeleitet und gehen dazu über, deren Anwendung in der Elektrodynamik zu zeigen.
Die Maxwell-Herzschen Gleichungen für den leeren Raum mögen gültig sein für das ruhende System K, so daß gelten möge:
Wenden wir auf diese Gleichungen die in § 3 entwickelte Transformation an, indem wir die elektromagnetischen Vorgänge auf das dort eingeführte, mit der Geschwindigkeit v bewegte Koordinatensystem beziehen, so erhalten wir die Gleichungen:
Das Relativitätsprinzip vordert nun, daß die Maxwell-Herzschen Gleichungen für den leeren Raum auch im System k gelten, d. h. daß für die im bewegten System k durch ihre ponderomotorischen Wirkungen auf elektrische bez. magnetischen Massen definierten vektoren der elektrischen und magnetischen Kraft ((X', Y', Z') und (L', M', N')) des bewegten Systems k die Gleichungen gelten:
Offenbar müssen nun die beiden für das System k gefundenen Gleichungssysteme genau dasselbe ausdrücken, da beide Gleichungssysteme den Maxwell-Herzschen Gleichungen für das System K äquivalent sind. Da die Gleichungen beider Systeme bis auf die Vektoren darstellenden Symbole übereinstimmen, so folgt, daß die in den Gleichungssystemen an entsprechenden Stellen auftretenden Funktionen bis auf einen für alle Funktionen des einen Gleichungssystems gemeinsamen, von ksi, eta, zeta und tau unabhängigen, eventuell von v abhängigen Faktor [psi(v)] übereinstimmen müssen. Es gelten also die Beziehungen:
Bildet man nun die Umkehrung dieses Gleichungssystems, erstens durch Auflösen der soeben erhaltenen Gleichungen, zweitens durch Anwendung der Gleichungen auf die inverse Transformation (von k auf K), welche durch die Geschwindigkeit -v charakterisiert ist, so folgt, indem man berücksichtigt, daß die beiden so erhaltenen Gleichungssysteme identisch sein müssen:
Analoges gilt über die "magnetomotorischen Kräfte". Man sieht, daß in der entwickelten Theorie die elektromotorische Kraft nur die Rolle eines Hilfsbegriffes spielt, welcher seine Einführung dem Umstande verdankt, daß die elektrischen und magnetischen Kräfte keine von dem Bewegungszustande des Koordinatensystems unabhängige Existenz besitzen.
Es ist ferner klar, daß die in der Einleitung angeführte Asymmetrie bei der Betrachtung der durch Relativbewegung eines Magneten und eines Leiters erzeugten Ströme verschwindet. Auch werden die Fragen nach dem "Sitz" der elektrodynamischen elektromotorischen Kräfte (Unipolarmaschinen) gegenstandslos.
Im Systeme K befinde sich sehr ferne vom Koordinatenursprung eine Quelle
elekgtrodynamischer Wellen, welche in einem den Koodinatenursprung enthalten
Raumteil mit genügender Annäherung durch die Gleichungen dargestellt
sei:
Wir fragen nach der Beschaffenheit dieser Wellen, wenn dieselben von einem in dem
bewegten System k ruhenden Beobachter untersucht werden. - Durch Anwendung
der in § 6 gefundenen Transformationsgleichungen für die elektrischen
und magnetischen Kräfte und der in § 3 gefunden Transformationsgleichungen
für die Koordinaten und die Zeit erhalten wir unmittelbar:
Aus der Gleichung für omega' folgt: Ist ein Beobachter relativ zu
einer unendlich fernen Lichtquelle von der Frequenz nu mit der
Geschwindigkeit v derart bewegt, daß die Verbindungslinie
"Lichtquelle-Beobachter" mit der auf ein relativ zur Lichtquelle
ruhendes Koordinatensystem bezogenen Geschwindigkeit des Beobachters den Winkel
[phi] bildet, so ist die von dem Beobachter wahrgenommene Frequentz nu'
des Lichtes durch die Gleichung gegeben:
Nennt man [phi'] den Winkel zwischen Wellennormale (Strahlrichtung) im
bewegten System und der Verbindungslinie "Lichtquelle-Beobachter", so
nimmt die Gleichung für a' die Form an:
Wir haben nun noch di Amplitude der Wellen, wie dieselbe im bewegten System
erscheint, zu suchen. Nennt man A bez. A' die Amplitude der
elektrischen oder magnetischen Kraft im ruhenden bez. im bewegten System
gemessen, so erhält man:
Es folgt aus den entwickelten Gleichungen, daß für einen Beobachter,
der sich mit der Geschwindigkeit V einer Lichtquelle näherte, diese
Lichtquelle unendlich intensiv erscheinen müßte.
Da [A^2/8pi] gleich der Lichtenergie pro Volumeneinheit ist, so haben wir nach
dem Relativitätsprinzip [A'^2/8pi] als die Lichtenergie im bewegten System
zu betrachten. Es wäre daher [A'^2/A^2] das Verhältnis der
"bewegt gemessenen" und "ruhend gemessenen" Energie eines
bestimmten Lichtkomplexes, wenn das Volumen eines Lichtkomplexes in K
gemessen und in k gemessen das geleich wäre. Dies ist jedoch nicht
der Fall. Sind a, b, c die Richtungskosinus der Wellennormalen
des Lichtes im ruhenden System, so wandert durch die Oberflächenelemente der
mit Lichtgeschwindigkeit bewegten Kugelfläche
Die Kugelfläche ist - im bewegten System betrachtet - eine Ellipsoidfläche,
welche zur Zeit [tau = 0] die Gleichung besitzt:
Es ist bemerkenswert, daß die Energie und die Frequenz eines Lichtkomplexes
sich nach demselben Gesetze mit dem Bewegungszustande des Beobachters ändern.
Es sei nun die Koordinatenebene [ksi=0] eine vollkommen spiegelnde Fläche,
an welcher die im letzten Paragraph betrachteten ebenen Wellen reflektiert werden.
Wir fragen nach dem auf die spiegelnde Fläche ausgeübten Lichtdruck
und nach der Richtung, Frequenz und Intensität des Lichtes nach der
Reflexion.
Das einfallende Licht sei durch die Größen A, [cos phi],
v (auf das System K bezogen) definiert. Von k aus betrachtet
sind die entsprechenden Größen :
§ 8. Transformation der Energie der Lichtstrahlen. Theorie des
auf vollkommene Spiegel ausgeübten Strahlungsdruckes.